Die Schüler Johann Sebastian Bachs

Grundlagen

Die Qual der Wahl - oder - welches Tasteninstrument darf es sein?

Das Klavier oder der Flügel, beide mit moderner Hammermechanik stellen heutzutage die Standardausrüstung eines musikalischen Haushalts dar. In der 2. Hälfte des 18. Jhdts. war dies anders. Der damalige Haushalt hatte meist ein Clavichord (weder teuer noch Platz raubend), falls wohl situierter, ein Cembalo (ein -oder zweimanualig), oder beide Instrumente zur Verfügung. Zu allem "Überfluss" kam in dieser Zeit noch das "Hammerinstrument" auf, welches in kurzer Zeit seine technischen Kinderkrankheiten überwunden hatte. Es gehörte zwar nicht zur "Standardausrüstung" der Haushalte (weil zu teuer), aber beim spielen der Musik des späteren 18. Jhdts muss man es sehr wohl im Auge behalten.

Grundsätzlich: Alle Klavierwerke sind auf einem modernen Klavier gut zu spielen, aber Spieler und Hörer müssen gewisse klangliche Einbussen hinnehmen, der Spieler plagt sich noch zusätzlich mit der "schweren" Mechanik und den meist üppigen Verzierungen herum. Oder anders, alle Werke sind auf einem Cembalo darstellbar, einige jedoch auch mit klanglichen Einbussen. Das Clavichord eignet sich ebenfalls sehr gut für diese Klaviermusik, auch hier natürlich nicht ohne Einschränkungen. Wer hat schon mehrere Instrumente? Falls ja, wird der Spieler sehr schnell herausbekommen, welches das geeignete "Clavier" ist. Die Werke des späteren Haydn und Mozart klingen - ausser für Fanatiker - nicht mehr so richtig auf dem Cembalo. Vielleicht liegt es auch an unseren Hörgewohnheiten.

Aber, es gibt noch weitere wesentliche Fragen zur "Qual der Wahl", hier: welches Cembalo sollte es denn sein? Viele Fans Alter Musik und die historisch-informierten Ausführenden leiden heute noch unter den Spätfolgen einer Krankheit, die ich einmal spöttisch als "Hubbardtitis" bezeichnen möchte. Hubbards 1964 erschienens Buch über die historisch nachweisbaren und erhaltenen Cembali kennt einen eindeutigen Schwerpunkt: das "wahre, echte" Cembalo ist das flamo/französische Ende des 17. bis Mitte des 18. Jhdts. Cembali aus anderen Ländern, gleich ob Italien, England oder Deutschland sind Randerscheinungen. Die Folgen sind: viele Aufnahmen von Clavierwerken der Schüler Bachs werden noch heute auf Flamo/Franzosen dargeboten. Das kann man ja halten wie man will, es ist alles eine Geschmackssache, nur historisch informiert ist das mit Sicherheit nicht.

Die Wahrscheinlichkeit, dass JS Bach oder einer seiner Schüler je ein flamo/französisches Cembalo gehört, geschweige denn bespielt haben, tendiert gegen Null. Cembali in Deutschland, gleich welcher Region, kamen meist aus derselben. Am Berliner Hof sind Mietke und Silbermann (Freiberg) nachweisbar, in Dresden Hildebrandt und Silbermann, von Norddeutschland mit seinen Zell, Hass, Vater, Fleischer ganz zu schweigen. Selbst Graupner, dessen Musik stark französisch beeinflusst ist, bestellt die Cembali für den Darmstädter Hof nicht in Paris sondern in Hannover bei Christian Vater. Klartext: der Klang deutscher Cembali entsprach den Vorstellungen der Komponisten und Hörer (deswegen wurden sie ja so gebaut). Wesentlich war für die, wie schon Bach es ausdrückt, die "Gravität" des Klangs. Bei aller Schönheit des Klangs der Flamo/Franzosen, Klanggravität bieten die nicht. Ein deutlicher Hinweis hierfür ist der Einbau eines 16``, um eben die Gravität zu verstärken.