Die Schüler Johann Sebastian Bachs

Vorwort

Zu meiner Person

Aufgewachsen in einem Musik liebenden Haus (viel Bach), typischer Klavierschüler (begeistert, aber faul), der es aber durchgehalten hat, hörte ich im Radio ein Klavierwerk von CPE Bach (ich weiß gar nicht mehr, welches), und war hingerissen. Auf meine Frage in der nächsten Klavierstunde, ob Werke dieses Komponisten auch auf dem Plan stünden, war die Überraschung des Lehrers sicherlich größer als die meinige: er kannte nämlich kein Stück dieses Bachsohnes.

Die Auseinandersetzungen mit dem Lehrer über die zu spielenden Werke nahmen mit dem Alter zu. Bach, Haydn, Händel, Mozart - da gab es keine Probleme, das Traumziel Beethoven Sonaten barg erhebliche technische Probleme, die nur durch sehr viel mehr Fleiß hätten überwunden werden können, Schumann, Chopin, Brahms lagen deswegen in weiter Ferne. Der Bruch mit dem Lehrer erfolgte dann beim Zwangsüben einer Reger Sonatine: diesem Komponisten begegne ich noch heute mit einer herzhaften Abneigung.

Das Aufkommen der Archiv Produktion der DG war wie eine Offenbarung. Endlich stand, wenn auch sehr begrenzt, ein unbekanntes Musikrepertoire zur Verfügung. Die Aufnahme mit  Goldbergs Cembalokonzert in d habe ich unzählige Male angehört.

Das zweite Schlüsselerlebnis hatte ich mit 18 Jahren. Ein Konzert mit Mozarts Klavierkonzert in c hat meiner bis dahin heilen Beethoven Welt einen tiefen Schock versetzt, der bis heute anhält. Ich wurde gegenüber Beethoven kritischer und war nicht mehr bereit, jedes seiner Werke als Titanenleistung anzuerkennen. Diese Haltung übertrug sich auch auf andere "Großmeister" incl. Bach und Mozart. Auf der anderen Seite stand teilweise hinreißend schöne Musik von "Kleinmeistern", die äusserst selten zu hören war, geschweige denn in Noten vorlag.

Mit dem Abitur endete der Klavierunterricht, nicht jedoch die Musikbegeisterung. Als Continuo - Spieler im Hochschulorchester, Hilfsorganist in Harzer Dorfkirchen, Biermusik auf studentischen Kneipen wurde das musikalische Leben fortgesetzt. Fleißig wurde in Konzerte gegangen, Schallplatten gehört und unregelmäßig geübt.

Frühzeitig verinnerlichte ich die historische Aufführungspraxis, ohne jedoch die dort teilweise praktizierte Radikalität nachzuvollziehen.

In der Zwischenzeit hat sich vieles positiv verändert. Früher unbekannte Werke stehen auf Noten wie Tonträgern zur Verfügung. Bach, Haydn, Mozart sind in "Karajan Interpretationen" nicht mehr so hoch angesehen, sondern werden auch von modernen Orchestern viel historischer gespielt. Die sakrosankte Aufführungspraxis des 19. Jhdts hat ebenso wie die "Sachlichkeit" des 20. Jhdt. tiefe Risse erhalten, zumindest was die Musik früherer Zeiten betrifft. Trotzdem: ein Blick in den Bielefelder Tonträgerkatalog zeigt, trotz vieler Fortschritte, das altbekannte Muster: unzählige Aufnahmen Beethovens Fünfter, auch der Brandenburgischen Konzerte, wenig bei den "Kleinmeistern". Es ist mir klar, dass die Fünfte wesentlich besser kommerziell zu verwerten ist (einige Zweifel kommen langsam bei den Firmen auf) aber: die X te Interpretation dieser Werke fördert sicherlich keinerlei neue Erkenntnisse mehr hervor. Vielmehr werden hierdurch unsere Hörgewohnheiten dupliziert, die wir aus unserer Kindheit und Schulerziehung mitschleppen. Dort jedoch sind Bach, Mozart, Beethoven und Wagner Trumpf, zumindest was den klassischen Bereich angeht.

Grundlagen der Überlegungen

Basis ist das Werk J.S. Bachs, vornehmlich seine Musik für Tasteninstrumente. Am anderen Ende befinden sich die Werke Haydns, Mozarts, aber auch der frühe Beethoven. Diese 70 Jahre Musikgeschichte ( 1730 - 1800 ) gilt es zu beleuchten. Der Eindruck, dass es nach dem Tode J.S. Bachs und den ersten bedeutenden Werken Haydns oder Mozarts nichts Lohnendes zu hören gibt ist leider zu weit verbreitet und dennoch falsch.