Die Schüler Johann Sebastian Bachs

Caspar Daniel Krohn

Caspar Daniel Krohn wurde 1736 in Hamburg geboren und starb dort 1801. Er war Organist an der Hauptkirche St. Petri sowie an der St. Johanniskirche.

Von seinen Werken ist nicht allzuviel erhalten: 6 leichte Claviersonaten, 6 "periodische" Sonaten für das Fortepiano, dem Andenken CPE Bachs gewidmet und 1789 in Hamburg/Leipzig im Druck erschienen, sowie einige Orgelwerke (Präludien, Fugen, Choralvorspiele), die handschriftlich in Hamburg ruhen. Krohn war Telemannschüler.

Meine Neugierde für diesen Komponisten wurde durch den eher zufällig entdeckten Vorbericht zu seinen "6 periodischen" Sonaten geweckt:

"Diese kleine Sammlung von Clavier-Sonaten, so wie ich sie bearbeitete, dem mir ehrwürdigen greisen Manne in der Musik, unserm nun verewigten Carl Philipp Emanuel Bach, gewidmet. Meine Hochachtung gegen diesen Kenner der Tonkunst, und die Freundschaft, die er mir bewies, waren die Ursachen, daß ich in dieser meiner Arbeit auf seinen Namen ein vorzügliches Augenmerk richtete. So forderte mich eigener Drang des Herzens auf, es auch öffentlich zu bezeugen, was mir Bach war.

Der nun VOLLENDETE hatte aber noch daneben an der öffentlichen Erscheinung dieser Sonaten auch den größten Antheil, da er, als ich IHM diese Arbeit im Manuskript zeigte, ihr, und wie er sich selbst ausdrückte, nach gründlicher Untersuchung, seinen Beyfall so willig ertheilte.

Nun ist er nicht mehr, mögen diese Stücke seinem ANDENKEN, das mir, und mit mir so vielen Andern theuer bleiben wird, gewidmet sein."

Also, CPE Bach hat diese Sonaten gekannt, sie gründlich untersucht und für gut befunden. Des weiteren ist eine musikalische Verwendung der Töne "b-a-c-h" zwar für diese Zeit nichts Aussergewöhnliches, aber doch eines Augenmerks wert.

Auch Gerber (NTL) bemerkt über Krohn: "Herr Krohn läßt hie und da merken, daß er kein Fremdling im Kontrapunkt und in der kanonischen Schreibart ist."

All das sind Hinweise auf eine doch eher norddeutsch beeinflusste Kompositionsweise.

Die sechs Sonaten stehen in den Tonarten F-Dur; D-Dur; E-Dur; C-Dur; G-Dur; B-Dur. Sie sind alle 3-sätzig: schnell - langsam - Tempo di minuetto. Nur die letzte Sonate macht eine Ausnahme, da sie mit einem Adagio beginnt. Die Tonfolge "b-a-c-h" ist in der ersten und letzten Sonate anzutreffen.

Als Beispiele werden willkürlich die Sonaten 1 und 6 herausgegriffen.

Der erste Satz der Sonate 1 (Allegretto;3/4.) wird mit einem recht norddeutschen Hautthema eröffnet. Nacht acht Takten zitiert Krohn das "Bachthema" in der Oberstimme und in Dur, danach im Bass in Moll um es dann oktaviert im Bass als Grundlage für Passagenwerk zu verwenden.

Weitere Zitate folgen. Die Durchführung steht mehrheitlich in d-moll und spart nicht mit harmonischen Schärfen. Danach kommt die Reprise. Der zweite Satz "Amoroso"; 4/4) steht in d-moll, und ist recht kurz, 30 Takte (irgendwie waren langsame Sätze immer noch nicht wieder in Mode gekommen). Die Bezeichnung "Amoroso" hindert jedoch nicht daran, den Satz in Oktavparallelen und im Fortissimo zu beenden. Der dritte Satz ist mit "Tempo di Minuetto" bezeichnet (3/8-Takt!). Hier, wie übrigens in allen Minuetto-Schlusssätzen werden 2 Menuette gebracht, wobei das zweite grundsätzlich in der entsprechenden Molltonart steht. Offensichtlich hatte Krohn eine Vorliebe für kanonische Passagen. Sie werden häufig in den Menuetten eingesetzt, so auch hier. Das F-Dur Menuett beginnt mit einem Kanon, das Moll-Menuett ist streng kanonisch durchgeführt und voller harmonischer Schärfen. Eine schlichte Wiederholung des ersten Menuetts ist auch nicht vorgesehen. Zuvor werden einige Adagiotakte gebracht, nah an einer "freien Fantasie".

Im Gegensatz zu den vorigen Sonaten beginnt die sechste Sonate mit einem Adagio. "Tirate" und punktierte Noten erinnern etwas an eine französische Ouverture. Das "b-a-c-h"-Motiv ist ständig präsent. Der Satz endet auf der Dominanten, als "attacca". 

Es folgt ein "Vivacissimo", aber nicht so, wie bei Sonaten gehabt. Das "b-a-c-h"-Motiv wird im Bass in ganzen Noten zitiert und es wird fugiert, für norddeutsche Claviersonaten doch sehr ungewöhnlich. Aber, der Spieler/Hörer sollte nicht erwarten, dass nun eine komplette Fuge kommt. Der klassische Sonatensatz wird strikt eingehalten, mit Doppelstrich, Durchführung, Reprise, spielerischen Passagen, die dann plötzlich wieder in polyphone umschlagen. Dieser Satz ist der längste aller Sonaten. Als Schlusssatz folgt wiederum ein "Tempo di Minuetto", welches mit dem "b-a-c-h"-Motiv beginnt. Das "Minore" steht in b-moll und ist streng kanonisch durchgeführt. Der Übergang zum 1. Menuett erfolgt wiederum mittels eines "ad libitum", fantasie-ähnlichem, taktfreiem Gebilde.

Zu bemerken ist noch, dass der Kontrapunkt des zweiten Satzes der 6. Sonate fast identisch mit der unter JS Bachs Namen laufenden Fuge in g-moll (Contrapunctus alla Decima), BWV Anh.II,109 ist. Dieses Werk ist aus einem Konvolut "um 1800" überliefert. Es könnte also sein, dass Krohn dieses Werk gekannt hat, oder sogar der Verfasser ist.

Alle diese Krohn-Sonaten stehen auf einem beachtlichen Niveau. Krohn war kein musikalisches Genie, aber ein beachtlicher Komponist, der sein Metier beherrschte und bereit war auch musikalische Risiken einzugehen, Klartext auch manchmal gegen den üblichen "Strich" zu schreiben.