Die Schüler Johann Sebastian Bachs

Friedrich Gottlob Fleischer

FG Fleischer, 1722 in Köthen ! geboren, erhielt vermutlich seine musikalische Ausbildung in Leipzig (diesbezügliche Dokumente liegen bislang aber noch nicht vor), war ab 1747 Hofmusiker am herzoglichen Hof zu Braunschweig, Clavierlehrer der fürstlichen Kinder und gleichzeitig Organist an mehreren Stadtkirchen, zuletzt an der Hauptkirche St. Martini. Er verstarb in Braunschweig 1806.In der Musikliteratur des 18. Jhdts. wird er häufig als herausragender Clavierspieler und Komponist bezeichnet, meist im Zusammenhang mit CPEB u.a. Gerber/Mendel bezeichnen ihn als "einer der größten Clavierspieler der Bach´schen Schule", ein interessanter Hinweis.   

Leider sind von ihm nur wenige Clavierwerke überliefert:

- Sammlung einiger Menuetten und Polonoisen nebst einigen andern Stücken, Braunschweig 1762

- dito, 2. Auflage, erweitert um Sonaten, Braunschweig 1769

- Clavier-Übung, Erste Partie bestehend in einer nach heutigen galanten Gusto wohlausgearbeiteten Sonate (gedruckt bei Weigel/Nürnberg)

- Sonate B-Dur für Clavier vierhändig. (Zweifelhaft. Laut RISM sind die Satzanfänge identisch mit der Sonate B-Dur aus der Clavierübung. Die Bibliothek B-BC gbt dieses Werk jedoch als vierhändig an)

Fleischers erster gesicherter Kontakt mit einem Mitglied der Bachfamilie, hier Wilhelm Friedemann datiert aus dem Jahr 1770. Fleischer wird von Wilhelm Friedemann als Mitvertreiber von 12 Tempi di Polaco angegeben. Das ist nachvollziehbar: WFB lebte von 1770 bis 1774 im Braunschweigischem, und wird dort mit Sicherheit Kontakt mit Fleischer gehabt haben, wenn nicht schon in früheren Jahren. Dieser Pränumerationsaufruf war wohl ein totaler Mißerfolg, die Ausgabe ist erst posthum 1819 bei CF Peters erschienen. Danach ist er noch Pränumerant bei CPEB´s Claviertrios, Kenner und Liebhaber sowie der Sturm´schen "geistlichen Gesänge".

Nun zu seinen Clavierwerken. Es ist natürlich fast unmöglich, angesichts der wenigen erhaltenen Werke ein generelles Urteil zu fällen. Außerdem liegen mir in Noten nur die "Clavierübung" und beide Auflagen der "Sammlung" vor. (Der Landesbibkiothek Mecklenburg/Vorpommern sei hiermit mein herzlichster Dank ausgesprochen).

Die "Clavier Übung, Erste Partie" (gibt es da noch weitere Partien die verloren oder in Archiven schlummern?) besteht aus einer großen, viersätzigen Sonate in B-Dur, Allegro non molto; Adagio; Fuga Vivace; Allegro. Lesen und Spielen dieser Noten überzeugen sehr schnell, dass weder Kompositions- noch Clavierstil dieses Werks von den Clavierwerken CPE´s beeinflusst wurden, gleich wie bei Schwanenberger. Von "Empfindsamkeit" ist nichts zu hören, gleich wie von "Sturm und Drang". Alles wirkt von Beginn an konservativer, die linke Hand wird wacker beschäftigt.

Sehr "modern" wird Fleischer dann in der Durchführung:

Der zweite Satz, Adagio, steht in g.moll. Er ist in der Form eines fantasieähnlichen Präludiums verfasst, Triolen mit folgenden Akkordarpeggien:

Der Satz dient offensichtlich als Präludium für den nun folgenden Satz "Fuga Vivace". Dieser Satz umfasst immerhin 230 Takte, steht aber wiederum in B-Dur.

Auch hier gilt das schon im Beckmannartikel Geschriebene: man vergesse nicht, dass diese Fuge ein Sonatensatz ist und keine "Demonstrationsfuge".

Die Sonate schließt mit einem kurzen, harmonisch jedoch interessanten Allegro.

Die "Sammlung einiger Menuetten und Polonoisen etc" ist den "durchlauchtigsten Fürstinnen und Frauen" gewidmet, zeichnet sich jedoch im Gegensatz zu ähnlichen diesbezüglichen Materialien durch einen teilweise recht nicklig.schwierigen Clavierstil aus. Einen kurzen Hinweis darauf gibt Fleischer in dem Vorwort: ..."kann durch solche Stücke, die eigentlich für das Clavier gesezt sind, und die nicht, wie die meisten Sinfonien und Opernarien, mit einem einförmigen Basse fortlaufen,..". Könnte man das als eine herbe Kritik an dem vorherrschenden, neuen  Kompositionsstil auffassen? Eine weitere Frage stellt sich: hat Fleischer möglicherweise schon vor 1770 die Polonaisen WFB´s gekannt? Dank einer Mitteilung von Prof. Wollny (Bach Archiv) ist das nicht auszuschließen, da die Polonaisen 1 bis 6 schon 1765 offiziell vorlagen und dem russischen Grafen Grigory Orlow gewidmet sind. Weiterhin kann davon ausgegangen werden, dass WFB diese gedruckte Sammlung Fleischers kannte. Tja, wer hat nun wen beeinflusst?

Hier einige Notenbeispiele aus der "Sammlung" (viel Spaß beim Üben):