Die Schüler Johann Sebastian Bachs

Bernhard Christian Weber

Tja, das "wohltemperierte Clavier", wer kennt es nicht. Unzählige Tatseninstrumentschüler, mehr oder weniger begabt, gleich ob spätere Virtuosen, Musiklehrer oder Liebhaber sind mit diesem Bachschen Werk konfrontiert worden zu Übungszwecken, Geschmacksbildung, aber auch aus  schlichtem Vergügen daran. Es ist ein "Muss" der Klavierwelt.

Dass es seit der Mitte des 19. Jhdts eine "wohltemperierte Orgel", komponiert von dem Celler Hotorganisten Heinrich Wilhelm Stolze gibt, spricht sich langsam wieder herum, übrigens ein hörenswertes Werk. Aber ein weiteres "wohltemperiertes Clavier" aus der Mitte des 18. Jhdts.? Das war mir neu, bis man im Internet darauf stösst.

Komponist dieses Werks ist ein Bernhard Christian Weber (1712 - 1758) aus Wolferschwenda, später Organist in Tennstedt. Titel, Einführung, Aufbau sind identisch mit dem Bachschen Werk, also Präludien, Fugen durch alle Tonarten in Dur und Moll. Es wird vermutet, dass der Kantor Georg Heinrich Noah, ab 1743  in Tennstedt, vorher Student der Theologie in Leipzig und damit eine wahrscheinliche Tätigkeit in Bachs Aufführungen hatte, Weber mit den Werken Bachs vertraut machte, ihm ein Exemplar des WT zur Verfügung stellen konnte.

Erstaunlicherweise wurde dieses Werk, welches in Brüssel handschriftlich vorliegt, schon 1933 von Max Seiffert in Druckversion vorgelegt, herausgegeben von der Neuen Bachgesellschaft, Jahrgang XXXIV, Heft 1. Dieses Exemplar liegt mir vor. Irgendwelche Nachwirkungen hat diese Veröffentlichung nicht gehabt. Irgendwann stösst man auf eine CD aus dem Jahr 2007 mit "b-a-c-h Werken" für Orgel von verschiedenen Komponisten, darunter jener Bernhard Christian Weber mit Präludium und Fuge in g-moll aus seinem "Wohltemperierten Clavier". Die 4-stimmige Fuge zitiert überdeutlich die Tonfolge b-a-c-h. Danach informiert man sich. Mittlerweile ist Webers WT im Neudruck erschienen.

Viele Präludien gehen lückenlos in die Fuge über, also kein Doppelstrich wie bei Bach. Für Spieler/Hörer stellt das kein Problem dar. Ein echtes Problem ist jedoch die Instrumentenfrage. Alle Präludien sind sind völlig problemlos ohne Pedaltastatur zu spielen, gleich wie die 2- und 3-stimmigen Fugen. Für die 4- und 5-stimmigen Fugen gilt das jedoch nicht (es sei denn, der Clavierspieler "modelt" die etwas um). Sie sind folglich für ein Instrument mit Pedal geschrieben, für einen Berufsorganisten kein Wunder.

Nun zum Inhalt dieses Werks: wer von Webers WT etwas ebenbürtiges zu Bachs erwartet wird enttäuscht. Weber war kein JS Bach. Diese uralten, sattsam bekannten Vergleiche "hier der Großmeister, dort der schon vorab definierte Kleinmeister" führen bekanntlich zu keinen neuen Erkenntnissen, sondern versperren den Zugang zu beachtlichen Werken, die eben auch diese "Kleinmeister" geschrieben haben, nur in geringerer Anzahl. So auch in dem Fall Weber. Natürlich sind nicht alle 24 Präludien und Fugen seines WT beachtlich, geschweige denn genial. Es sind dort zeitbedingte, übliche Floskulaturen zu finden, schwächere Melodien, schwache Fugen, abgehakt. Aber, ebenso findet man dort Stücke die Aufmerksamkeit erregen, Spielern und Hörern Freude bereiten können. Beispiele: Fuga a 3, Es-Dur

oder: Praeludium c-moll

Dass Weber auch richtig "gute" Fugen schreiben konnte, zeigt seine f-moll Fuge. Hier der Abschluss der Fuge (das Thema setzt vor Schluss im Bass ein):